Der Wiederholungstäter und die Widerspenstige

Manche Wörter sehen sich zum Verwechseln ähnlich – und klingen auch noch fast gleich. Das ist etwa bei «wieder» und «wider» der Fall. So klein der Unterschied auf den ersten Blick wirkt, so gross ist er in der Bedeutung: 

«Wieder» bedeutet «noch einmal, erneut». Es wird also immer dann verwendet, wenn es um eine Wiederholung geht: 

  • Er kommt wieder.
  • Er geht wieder in den Supermarkt. 
  • In Berlin beginnt der Wiederaufbau. 
  • Recycling bedeutet Wiederverwertung. 

Um sich das zu merken, denken Sie an einen Wiederholungstäter, der es nicht lassen kann, noch einmal etwas zu tun, das er zuvor schon einmal getan hat. Er liebt es einfach, die Dinge in Schleifen zu drehen. 

Anders die Widerspenstige: Sie ist eine Rebellin und setzt sich allem entgegen. Sie sucht die Konfrontation und ist immer anderer Meinung. Kein Wunder, denn «wider» bedeutet «gegen, entgegen»: 

  • Sie wird uns widersprechen. 
  • Sie widerlegt sein Argument. 
  • Wegen ihr hat er seine Aussage widerrufen. 
  • Widerwillig stellt sich die Widerspenstige ihrem Widersacher entgegen. 

Gross oder klein? Erste Hilfe bei Verben

Verben schreibt man immer klein. So haben wir das als Pappenheimer in der Schule gelernt. Allerdings stimmt das nicht ganz: Werden Verben substantiviert – also zu einem Nomen gemacht –, müssen sie grossgeschrieben werden. Das Tückische daran: Bis auf den Anfangsbuchstaben sieht das substantivierte Verb genauso aus wie die kleingeschriebene Grundform (Infinitiv). Bei den ersten zwei Beispielsätzen lässt sich das noch gut unterscheiden, doch was ist mit dem dritten Satz? 

  1. Wir wollen morgen einen Text schreiben
  1. Das Schreiben ist eine schöne Tätigkeit. 
  1. Keine Frage – schreiben/Schreiben macht uns Spass. 

So einfach ist die Sache also nicht. Deshalb haben wir ein Erste-Hilfe-Set zusammengestellt, mit dem sich die Substantivierung erkennen lässt. 

Artikelwörter: Besonders leicht lässt sich die Substantivierung an bestimmten und unbestimmten Artikeln erkennen, aber auch an Pronomen wie dieses, dein, ihr, unser und so weiter. Sie gehören auch zu den Artikelwörtern, weil man sie mit das ersetzen könnte. 

  • Das Schreiben ist eine schöne Tätigkeit. 
  • Dieses Warten ist lästig.
  • Ihr Bangen ist spürbar. 
  • Ein Nicken reicht. 
  • Kein Lachen der Welt ist so schön wie deins. 
  • Dem Trinken habe ich abgeschworen. 

Präpositionen: In Präpositionen wie aufs, am, ins, zum, beim und so weiter steckt jeweils ein Artikel (das oder dem): 

  • Beim Schreiben kommt sie zur Ruhe. 
  • Zum Lachen geht er in den Keller. 
  • Er ist ständig am Putzen. 

Aber auch nach Präpositionen ohne Artikel schreibt man das Verb gross: 

  • Mein Alltag besteht aus Schreiben und Essen.
  • Ohne Lernen zum Erfolg. 
  • Sie schwanken zwischen Hoffen und Bangen. 

Adjektive: Ein sicherer Hinweis auf die Grossschreibung ist schliesslich ein vorangestelltes Adjektiv: 

  • Lautes Lachen ist ansteckend. 
  • Langes Warten nervt. 

Manchmal geht beides: Beim dritten Beispielsatz (Keine Frage – schreiben/Schreiben macht uns Spass) ist sowohl die Gross- wie auch die Kleinschreibung korrekt. Denn man könnte einen Artikel, ein Adjektiv oder ein Adverb ergänzen: 

  • Artikel: Keine Frage – das Schreiben macht uns Spass. 
  • Adjektiv: Keine Frage – konzentriertes Schreiben macht uns Spass. 
  • Adverb: Keine Frage – konzentriert schreiben macht uns Spass. 

FAZIT: Substantivierte Verben werden grossgeschrieben. Man erkennt sie am Artikel, an einer Präposition oder an einem vorangestellten Adjektiv. Fehlen diese Hinweise, sind beide Schreibweisen korrekt. 

Reine Korinthenkackerei?

Für manche ist es übertrieben spitzfindig, zwischen «das gleiche» und «dasselbe» zu unterscheiden. Wer jedoch Wert auf korrekte und sorgfältig formulierte Texte legt, sollte diese Bedeutungsnuance kennen. Wann heisst es also zum Beispiel «das gleiche Notebook» und wann «dasselbe Notebook»?

«Dasselbe» betont die Einzigartigkeit einer Person oder einer Sache. Mit anderen Worten: Es gibt das, was durch das Substantiv beschrieben wir, nur ein einziges Mal:

Die Designerin arbeitet seit fünf Jahren mit demselben Notebook. Die Designerin nutzt also ein Notebook, das sie schon seit fünf Jahren besitzt.

«Das gleiche» wird hingegen verwendet, wenn sich zwei Dinge in ihren Eigenschaften oder Merkmalen zum Verwechseln ähnlich, aber nicht identisch sind. Das, was durch das Substantiv beschrieben wird, gibt es also mindestens zweimal:

Die Designerin arbeitet im Homeoffice mit dem gleichen Notebook wie im Büro. Die Designerin besitzt also zwei Notebooks vom gleichen Typ, eines zu Hause und eines am Arbeitsplatz im Büro.

Weil wir im Schweizerdeutschen nicht zwischen «dasselbe» und «das gleiche» unterscheiden, fällt es vielen schwer, sich die Regel zu merken. Da hilft diese Eselsbrücke: Zwei Dinge können sich nur gleichen – nicht selben.

Richtig koppeln mit Bindestrich

Der Bindestrich ist ein stark vernachlässigtes Satzzeichen. Ob in Fachtexten oder in der Werbung: Immer wieder geht er vergessen, wo er eigentlich hingehört. Besonders auffällig ist dieses Phänomen bei Kopplungen mit mehrteiligen englischen Begriffen. 

Die Begriffe «Social Media», «Mobile Marketing» oder «Corporate Design» sind vielen von uns mittlerweile geläufig. Stehen sie alleine, werden sie nicht gekoppelt. Es braucht also keinen Bindestrich. Sobald sich aber ein deutsches Wort hinzugesellt und die Wortgruppe zu einem Gesamtbegriff kombiniert wird, muss die ganze Konstruktion durchgekoppelt werden: 

  • Social-Media-Strategie
  • Mobile-Marketing-Leitfaden
  • Corporate-Design-Handbuch 

Dasselbe gilt aber auch für Aneinanderreihungen von deutschen Begriffen, zum Beispiel für Kombinationen mit Eigennamen. So schreibt man den Eigennamen «Max Frisch» selbstverständlich ohne Bindestrich, denn Vor- und Nachnamen werden nie gekoppelt. Das «Max-Frisch-Archiv» ist jedoch eine neue Bedeutungseinheit, die durch die Kopplung gekennzeichnet werden muss. Schreibweisen ohne durchgängige Koppelung sind zwar weit verbreitet, aber schlicht falsch.

Nicht immer offensichtlich

Oft kommt es bei der Sprache auf die feinen Unterschiede an. Diese sind aber nicht immer offensichtlich –  genau wie der Unterschied zwischen «offenbar» und «offensichtlich».

Das Wort «offenbar» lässt sich sowohl als Adverb als auch als Adjektiv benutzen. Als Adverb ist es gleichbedeutend mit «anscheinend» und heisst so viel wie «dem Anschein nach». Als Adjektiv hingegen heisst «offenbar» dasselbe wie «offensichtlich», nämlich «sehr deutlich» oder «klar ersichtlich».

Beispiele:

  • Beim Content Marketing kennt er sich offenbar aus.
  • Es ist offenbar, dass ihr Verhalten unpassend war.
  • Dieser Text wurde offensichtlich einer gründlichen Korrektur unterzogen.

Wir lassen keine Fragen offen

Spielt es eine Rolle, ob Max das Hemd offen lässt oder offenlässt? Ja. Denn wie so oft in der deutschen Rechtschreibung verändert sich durch die Schreibweise die Bedeutung.

Der Begriff «offen lassen» steht dafür, dass ein Objekt physisch geöffnet ist. Die Regel dazu lautet: Immer wenn sich «offen lassen» durch «geöffnet lassen» ersetzen lässt, ist die Getrenntschreibung korrekt.

Demgegenüber drückt «offenlassen» einen Vorbehalt, einen unklaren Zustand oder eine Wahlmöglichkeit aus. In diesem Kontext braucht es die Zusammenschreibung.

Beispiele:

  • Max liebt es, das Hemd offen zu lassen.
  • Der Chef hat es Max offengelassen, an der Präsentation ein Hemd zu tragen – oder bloss ein T-Shirt.
  • Sie wollte ihr Geschäft am Sonntag vor Weihnachten unbedingt offen lassen.
  • Der Schlussbericht wird keine Zweifel offenlassen.
  • Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich muss sie offenlassen.

Doppelpunkt: Satzzeichen mit Stil

Der Doppelpunkt ist ein vielseitiges Satzzeichen und ein ideales Stilmittel, um bestimmte Satzteile ins Rampenlicht zu rücken. Am häufigsten trifft man ihn bei der direkten Rede. Doch er hat viel mehr zu bieten, als bloss auf Äusserungen oder Gedanken hinzuweisen. Warum er trotzdem nicht häufiger verwendet wird? Unter anderem wegen der Unsicherheit, ob nach dem Doppelpunkt klein- oder grossgeschrieben wird.

Mit einem Doppelpunkt lassen sich Aufzählungen, nähere Angaben oder Erläuterungen ankündigen. Er steht auch vor Sätzen, die das Gesagte zusammenfassen oder ein Fazit daraus ziehen. Ein Satz wird nach einem Doppelpunkt grossgeschrieben, wenn er als selbständiger Satz stehen kann. Lässt sich der Satz nach einem Doppelpunkt wie ein Teilsatz mit einem Gedankenstrich oder Komma anschliessen, kann er gross oder klein beginnen. Nur klein fortgefahren wird, wenn der Satzteil kein eigenständiger Satz ist.

Beispiele:

  • Max rief: «Komm her!»
  • Im Set enthalten sind: grosse Schrauben, dicke Muttern und lange Nägel.
  • Kurz gesagt: Relevantes Content Marketing ist glaubwürdiger als Werbung.
  • Sie hat alles eingepackt: ihren Pass, ihr Flugticket und ihre Wasserflasche.

Das richtige Zuhause wählen

«Wo waren Sie gestern Abend zwischen 18 und 20 Uhr?», fragt der Kommissar den Verdächtigen. «Zu Hause», antwortet dieser. Der Protokollführer stutzt und überlegt, ob er zuhause, zu Hause oder Zuhause schreiben soll. Er hat Glück. Die deutsche Sprache erlaubt alle drei Schreibweisen. Diese sind jedoch kontextabhängig.  

Damit sich keine Fehler einschleichen, sollte als Erstes geklärt werden, ob es sich bei diesem Begriff um ein Substantiv handelt. Lässt sich ein Possessivpronomen, ein bestimmter oder ein unbestimmter Artikel davorsetzen, handelt es sich um ein Substantiv. In diesem Fall lautet die richtige Schreibweise «Zuhause». Andernfalls ist es ein Adverb und kann getrennt (zu Hause) oder zusammengeschrieben (zuhause) werden. Der Duden empfiehlt die Schreibweise «zu Hause».  

Beispiele: 

  • In meinem Zuhause fühle ich mich wohl. 
  • Ein schönes Zuhause bringt Freude. 
  • Abends bleibe ich gerne zu Hause/zuhause.